Ein langjähriger Kunde, der seine Rechnungen „abstottert“?
Viele Unternehmer kennen diese Situation. Es gibt einen langjährigen Kunden, bei dem es immer mal wieder kriselt und das Geld knapp ist. Das drückt sich zum Beispiel darin aus, dass Zahlungsziele nicht eingehalten werden. Oder der Kunde zahl wiederholt und nicht abgesprochen eine Rechnung nur in Teilbeträgen. In einem Gespräch werden dann meistens die Verzögerungen durch den Kunden erläutert. Genau kann der Unternehmer jedoch nicht sagen, wo die Ursachen für die verspätete Zahlung seines Kunden liegen, sondern er hat ein eher diffuses Bild der Situation, im Hinblick auf die Krisenursachen und den „Ernst der Lage“.
Da es sich im Großen und Ganzen weiterhin – trotz der teilweise verspäteten oder unregelmäßigen Zahlungen ‒ um eine vertrauensvolle Zusammenarbeit handelt, wird der Kunde weiter beliefert. Häufig schlägt der kriselnde Kunde eine Ratenzahlungsvereinbarung vor, der der Lieferant auch formal zustimmt. Es geht zunächst auch alles gut aus, denn alle Leistungen und Produkte werden letztendlich vollständig gezahlt.
Zwei Jahre später kommt es zu einer unangenehmen Überraschung. Der Kunde hat trotz aller Bemühungen Insolvenz anmelden müssen. Nach einiger Zeit bekommt der Lieferant ein Schreiben vom Rechtsanwalt indem dieser im Namen des Insolvenzverwalters aufgefordert wird, das erhaltene Geld aus einem Zeitraum von vier Jahren vollständig zurück zu zahlen. Für den Lieferanten sei der Zahlungsausfall absehbar gewesen und er habe von der Krise des Kunden gewusst. Dadurch habe der Lieferant wissentlich eine Benachteiligung anderer Gläubiger in Kauf genommen.
Damit ist der Lieferant in die Falle getappt. Die gut gemeinte Unterstützung des Kunden in einer schwierigen Situation kommt als Bumerang zurück: der außergerichtliche Sanierungsversuch ist gescheitert und der vom Gericht bestellt Insolvenzverwalter darf im Rahmen der sogenannten Insolvenzanfechtung unter bestimmten Voraussetzungen Zahlungen des Schuldners an den Gläubiger zurück verlangen. Diese sind dann erfüllt, wenn zum Beispiel eine Gläubigerbenachteiligung vorliegt ‒ in der Praxis ist dies der häufigste Fall für eine erfolgreich durchgesetzte Anfechtungsklage des Insolvenzverwalters.
Kommt es zu wiederholten Zahlungsschwierigkeiten, sollte der Unternehmer versuchen, sich über die wirtschaftlichen Verhältnisse seines Kunden explizit zu informieren. Sobald Hinweise oder Informationen vorliegen, die auf wirtschaftliche Probleme des Kunden hindeuten, oder separate Zahlungsbedingungen vereinbart werden, um Sanierungsbemühungen zu unterstützen, sollte ganz klar abgewogen werden, welche Risiken durch spätere Anfechtung entstehen können. Ein wichtiger Baustein ist ein schlüssiges Sanierungskonzept, indem die Sanierungspläne und Maßnahmen des Schuldners dargestellt werden. Damit die Lieferungen von Leistungen und Produkten einer möglichen späteren Anfechtungsklage standhalten, muss dieses Sanierungskonzept gemäß der BGH Rechtsprechung bestimmte Mindeststandards erfüllen. Je nach Komplexität der Situation, sollte das Sanierungskonzept von einem Experten im Hinblick auf die Anfechtungsrisiken geprüft werden. Es sollte ein Fahrplan erarbeitet werden, mit dem das Unternehmen seine Kundenbeziehung gestaltet und weiter liefern kann und möchte.